Kleinstrukturen: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 29. November 2022, 20:07 Uhr


Kleinstruktur 7 zg 96 dpi.JPG
Eine kleinstrukturenreiche Landschaft mit Gebüschen und Steinhaufen.
Text Verein biodivers
Publikation März 2022




Das Wesentliche kompakt

Lebensraum Kleinstrukturen kompakt – ausgewähltes Wissen in Kurzform
Argumente für die Förderung von Kleinstrukturen
  • Kleinstrukturen gliedern die Landschaft, vernetzen sie und werten sie auf.
  • Kleinstrukturen fördern Nützlinge und seltene Arten; sie sind Jagdgrund, Nistplatz, Sonnenplatz, Überwinterungsort und Deckungsort zugleich.
  • Die meisten Kleinstrukturen sind einfach und kostengünstig zu erstellen und brauchen wenig Platz (Ausnahmen: Trockenmauern, grosse Einzelbäume).
  • Kleinstrukturen können auch im Siedlungsraum z.B. mit Schulklassen angelegt werden und tragen daher auch zur Umweltbildung bei.
Planung, Anlage und Unterhalt von Kleinstrukturen - besonders wichtig zu wissen ist
Grundlagen
  • Kleinstrukturen fassen ganz unterschiedliche Elemente zusammenzufassen (Beispiele sind Asthaufen, Trockenmauern oder auch Nisthilfen).
  • Es gibt holzige, feuchte, steinig-trockene und krautige Kleinstrukturen.
  • Kleinstrukturen ergänzen bereits wertvolle Lebensräume (z.B. Hecken oder Magerwiesen). Als alleinige Aufwertungsmassnahmen sind sie ungeeignet.
  • Kleinstrukturen sollen mit wenigen Ausnahmen immer von einem Krautsaum begleitet werden.
  • Die Qualität der heutigen Kulturlandschaft ist ungenügend. Es benötigt eine zwei- bis dreifache Zunahme der Dichte von Strukturen.
Anlegen von Kleinstrukturen
  • Der Aufwand für die Anlage von Kleinstrukturen ist je nach Typ unterschiedlich, viele Strukturen lassen sich einfach und kostengünstig realisieren, so z.B. Ast- und Laubhaufen.
  • Für die Anlage der Kleinstrukturen sollen, wenn immer möglich, lokale Materialen verwendet werden.
  • Strukturen sollen eine hohe Qualität aufweisen.
  • Für die Erstellung von Trockenmauern ist viel Erfahrung und Fachwissen nötig.
Unterhalt
  • Kleinstrukturen sollen so wenig wie möglich unterhalten werden (extensiver Unterhalt).
  • Die wichtigen Krautsäume rund um die Strukturen werden gestaffelt und selten gemäht, Abschnitte über den Winter stehen gelassen.
  • Kleinstrukturen sollen von starker Beschattung freigehalten werden (Ausnahme: Ast-Laubhaufen für Igel stehen bevorzugt schattig).
  • Für die Bewirtschaftung ist schonendes Mähgerät einzusetzen.
  • Für den Unterhalt soll der Jahreskalender der Pflegemassanahmen berücksichtigt werden.

Einleitung

Mit «Klein, aber oho!» lassen sich die Kleinstrukturen am treffendsten umschreiben. Man ist geneigt sie zu vergessen oder ihnen zu wenig Beachtung zu schenken, dabei spielen sie eine wichtige Rolle. Die unbeeinflusste Natur ist voller kleiner Strukturen. In einem Flussbett hat es Asthaufen, umgestürzte Bäume, Steine, Sandflächen, kleine Pfützen, Böschungen, Prallhänge, etc. In einem Moor hat es Wurzelteller, Bulten und Schlenken, abgestorbene Bäume, Rinnsale, etc. Eine Kulturlandschaft ist z. B. ausgestattet mit Einzelbäumen, Ast- und Lesesteinhaufen, Mauern, Zäunen, Hecken und Büschen. Sie gliedern die Landschaft und geben ihr ein «Gesicht». Diese kleinen Habitate sind Lebensraum für unzählige Tiere und Teil eines Netzwerks mit Trittsteinen und Wanderkorridoren. Früher waren sie meist ein Nebenprodukt der traditionellen Kulturlandschaft, heute werden sie zur Möblierung der Landschaft wieder bewusst angelegt. Sie brauchen wenig Platz und sind einfach zu erstellen. Sie eignen sich zur Förderung von Nützlingen wie Kleinsäugern und Wildbienen. Es ist wichtig, (weiterhin) Kleinstrukturen anzulegen, um ökologisch bereits wertvolle Gebiete aufzuwerten und ausgeräumte Landschaften zu bereichern. Im zweiten Fall braucht es gegenüber den Landwirten Überzeugungskraft und gute Argumente. Wir bieten Ihnen in diesem Artikel einen Überblick zur breiten Palette von Kleinstrukturen. Zu diesem Thema gibt es bereits sehr viele Broschüren, weshalb wir im Wesentlichen auf die unseres Erachtens besten verlinken. Was es von uns ordnungsbewussten Schweizerinnen und Schweizern insbesondere braucht, ist etwas mehr Toleranz für Wildnis, angefangen im ganz kleinen, z. B. einem Laubhaufen für den Igel im eigenen Garten.

Erinaceus europaeus 12, Egel, Saxifraga-Rudmer Zwerver zg 96 dpi .jpg
Der Igel (Erinaceus europaeus) ist auf Kleinstrukturen für die Überwinterung angewiesen.
AK 09781 Osmia cornuta AlbertKrebs zg 96 dpi.jpg
Wildbienen, wie hier für die Gehörnte Mauerbiene (Osmia cornuta) profitieren stark von Kleinstrukturen in der Landschaft.
P1010275 Marco zg 96 dpi.JPG
Kleinstrukturen können in einem urbanen Umfeld auch kunstvoll integriert werden.

Praxisrelevante Ökologie

Typen von Kleinstrukturen

Kleinstrukturen lassen sich wegen Ihrer Heterogenität nicht «in eine Schublade» stecken. Es ist ein Sammelbegriff für kleine, punktuelle oder lineare Landschaftselemente. In der nachfolgenden Liste haben wir aufgeführt, was in Literatur und Broschüren als Kleinstrukturen geführt wird. Bei Bedarf kann man sie gruppieren, z. B. in feuchte, trockene, holzige, krautige Kleinstrukturen. Wichtiger ist allerdings, dass sie landschaftstypisch sind (s. unten). Die Liste ist nicht abschliessend. Zu den blau markierten gibt es weitergehende Informationen, die grünen werden in einem anderen Artikel (später) abgehandelt. Nicht aufgeführt sind aquatische Kleinstrukturen wie Raubäume. Diese werden wir zu einem späteren Zeitpunkt ergänzen.

Altgrasstreifen Kopfweiden
Asthaufen Nisthilfen Wildbienenhotels
(Ast-)Laubhaufen Nisthöhlen
Baumstrunk und Wurzelteller Pfützen und Tümpel (Kleinstgewässer)
Böschungs- /Uferanriss Quellfluren
Brennnesselflur Ruderalflächen offener Boden
(Brombeer-)Gestrüpp Sitzstangen
Efeubewuchs an Bäumen Steinhaufen
Einzelbäume Steinkörbe
Felsaufschlüsse Steinlinsen
Felsblöcke/Findlinge Strukturreiche Waldränder
Gebüsche/Hecken Totholzbäume Totholz
Gräben (mit und ohne Wasser) Tristen (Streuhaufen) Grashaufen Komposthaufen
Hochstaudenflur Trockensteinmauern
Holzbeigen Wurzelstöcke
Holzpfähle

Ökologische Bedeutung

P1060837 Marco zg 96 dpi.JPG
Ein Grashaufen in Ergänzung zu einer Hecke ist idealer Schlupfort für div. Reptilien und Amphibien.
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Trockenmauern sind wohl die bekanntesten und landschaftsprägendsten Kleinstrukturen.
Zauneidechse auf Lesesteinhaufen 2 Andreas Meyer zg 96 dpi.JPG
Eine Zauneidechse (Lacerta agilis) sonnt sich auf einem Steinhaufen.

Kleinstrukturen haben folgende Funktionen und Eigenschaften, auf die nachfolgend summarisch eingegangen wird:

  • Vernetzungselemente, Trittsteine
  • Artenreiche Lebensräume
  • Wichtig für die Schädlings-Regulierung

Kleinstrukturen bieten verschiedensten Tierarten Rückzugsmöglichkeiten (Sicherheit vor Fressfeinden), Jagdlebensraum, Aufwärmstellen, Platz für die Fortpflanzung oder Überwinterungsorte. Sie bilden Mikrohabitate und haben ihr eigenes Mikroklima. Einige Beispiele für den Artenreichtum von Kleinstrukturen:

  • Auf einer alleinstehenden Eiche kommen bis zu 400 Arten von Wirbellosen vor.
  • Auf Trockenmauern können 50 Flechtenarten vorkommen. Für seltene Flechten sind Bäume mit einem minimalen Brusthöhendurchmesser von 38 cm wichtig (siehe Flechten-Artikel).
  • Im Raum Stuttgart wurden auf 37 Kopfweiden 223 Käferarten nachgewiesen.[1] Im Weiteren bieten sie Nischen für Höhlen bewohnende Vögel und Fledermäuse sowie Nahrung für rund tausend Insekten.[2]

Um Kleinstrukturen soll es immer einen Kraut- oder Altgrassaum haben. Dieser hat ähnliche Funktionen wie die Kleinstruktur selbst (bietet Deckung, Besonnung, Nahrung). Wie stark die Holz- und Steinstrukturen mit Gebüschen bewachsen sein sollen ist unterschiedlich und vor allem von den Zielarten abhängig. Für die Förderung von Amphibien, Reptilien und Insekten braucht es viel Wärme und entsprechend gering soll der Verbuschungsgrad sein (für Reptilien ist z. B. ein Verbuschungsgrad von 10 bis 25% ideal (siehe Reptilienartikel). Trockensteinmauern sollen i. d. R. gehölzfrei sein, weil die Wurzeln die Mauer zerstören können. Bereichernd können beispielsweise kleine (Rosen-)Büsche oberhalb einer Mauer sein.

Kleinstrukturen dienen als Trittsteine und Wanderkorridore. Es braucht ein möglichst engmaschiges Netz. Selbst für die agilen und mobilen Wiesel ist es wichtig, dass sie regelmässig Deckung finden können (z.B. in Hecken, Säumen oder ungemähten Restflächen), wenn die Distanz zwischen ihren Unterschlüpfen und ihren Jagdgebieten mehr als 20 Meter beträgt. Erdkröten sind ihren Wanderungen auf Strukturen angewiesen: Bei der Migration von Winterquartier zum Gewässer, bei der täglichen Mobilität im Sommerlebensraum und bei der Dispersion, wenn einzelne Tiere über weiter Strecken wandern.

Reichhaltig strukturierte Lebensräume sind für die Reptilen von zentraler Bedeutung (siehe Reptilienartikel).

Aus der Literatur und den verschiedensten Broschüren haben wir eine Zusammenstellung gemacht, welche Kleinstrukturen für welche Artengruppen besonders wichtig und wertvoll sind.

Förderung von Nützlingen für die Landwirtschaft

Mit der Anlage von Kleinstrukturen lassen sich Nützlinge fördern. Die Broschüre «Fördermassnahmen für Wiesel im Landwirtschaftsgebiet» zeigt sehr detailliert auf, wie die kleinen Marder zur Reduktion von Wühlmausschäden gefördert werden können.

In landwirtschaftlichen Produktionsflächen empfehlen das FiBL und die Vogelwarte die Anlage von Kleinstrukturen auch innerhalb der Kulturen und nicht nur an Randbereichen, um die Artenvielfalt, die Schädlingsregulierung, die Nützlingsförderung und Bestäubung zu unterstützen [3]. Hierfür eignen sich vor allem Teilflächen, in denen die Bewirtschaftung erschwert ist, wie Gräben, Böschungen oder Felsaufschlüsse sowie Bereiche, die wegen Infrastrukturbauen nicht genutzt werden können.

Bedarf an Kleinstrukturen

Ende 2020 wurde der Bericht «Biodiversitätsfördernde Strukturen im Landwirtschaftsgebiet. Bedeutung, Entwicklung und Stossrichtungen für die Förderung» (Hrsg.: Forum Biodiversität Schweiz (SCNAT)) veröffentlicht. Darin sind auf Seite 51 Empfehlungen für Richtwerte zu Anzahl, Dichten oder Distanzen verschiedener Typen von biodiversitätsfördernden Strukturen aufgeführt.

Planung, Anlage, Unterhalt und Aufwertung

Gemäss «Flächenbedarf für die Erhaltung der Biodiversität und der Ökosystemleistungen in der Schweiz» [4] sind Strukturen und Kleinstgewässer Mangelware in der heutigen Landschaft. Die Qualität der Kulturlandschaft bezüglich Strukturen wird als ungenügend eingeschätzt. Es benötigt eine zwei- bis dreifache Zunahme der Dichte von Strukturen.

Planung und Anlage

Holzbeige 96 dpi.JPG
Eine ungestörte Ecke mit aufgeschichtetem Totholz.

Der Aufwand für Planung und Anlage variiert sehr stark. Sehr einfach sind sie z. B. für Asthaufen, aufwändiger für Trockensteinmauern und Steinlinsen. Kleinstrukturen können fast überall angelegt werden. Folgendes soll beachtet werden:

  • Keine bereits wertvollen Flächen (z. B. Magerwiesen, Moore) beeinträchtigen, sei es direkt oder indirekt durch Nährstoffeintrag aus verrottendem Material.
  • Die Struktur soll landschaftstypisch sein. Trockensteinmauern passen dort, wo es bereits solche hat oder Lesesteinhaufen neben einen steinigen Acker. Unpassend sind z. B. die «Möblierung» einer traditionell offenen Landschaft mit Bäumen und Hecken (siehe auch im Heckenartikel oder Steinhaufen in Mooren.
  • nicht im Hochwasserbereich von Fliessgewässern.
  • Gut besonnt (für Insekten, Amphibien, Reptilien)

Wenn möglich sollen biologische Aspekte berücksichtigt werden, d. h. insbesondere für diejenigen Arten und Artengruppen Kleinstrukturen anlegen, die man fördern möchte. Kleinstrukturen sollten für die maschinelle Bewirtschaftung kein Hindernis darstellen. Für die Anlage soll nach Möglichkeit Material aus der Umgebung verwendet werden. Wenn man, wie bei Steinstrukturen oft der Fall, einen Teil unterirdisch anlegt, dann ist es wichtig, dass Wasser in der Senke nicht liegen bleiben kann! Ansonsten ist das Innere nass und für die Überwinterung für Tiere ungeeignet oder gar tödlich. Die Kosten sind für viele Kleinstrukturen sehr gering. Bei Einzelbäumen ist es abhängig von der Grösse des Baums. Teuer ist der Bau von Steinlinsen, Trockensteinmauern und Gabionen. Detaillierte Angaben können der Tabelle entnommen werden.

Qualität

Die im Bericht «Biodiversitätsfördernde Strukturen im Landwirtschaftsgebiet. Bedeutung, Entwicklung und Stossrichtungen für die Förderung» (Hrsg.: Forum Biodiversität Schweiz (SCNAT)) auf Seite 54 aufgeführten qualitativen Anforderungen an Strukturen sind hier zusammengefasst:

  • Je grösser die Strukturen, desto besser.
  • Die meisten Strukturen sollen gut besonnt sein.
  • Strukturen sollen nachts nicht beleutet sein.
  • Strukturen müssen in die Umgebung eingewachsen sein, damit sie ihren Wert entwicklen können.
  • Je mehr Mikrostrukturen, desto besser (ist vor allem bei Bäumen relevant).
  • Heterogenität fördert die Vielfalt.
  • Strukturen mit mindestens drei Meter breiten Säumen ergänzen.
  • verschiedene Strukturtypen nahe beieinander.
  • Strukturen vernetzen.

Unterhalt

Trockenmauer neu 001 zg 96 dpi Marco Bertschinger.JPG
Eine Trockenmauer benötigt ab und zu Unterhalt.

Kleinstrukturen sollen so wenig wie nötig unterhalten werden. Krautsäume um die Strukturen gestaffelt und möglichst selten mähen. Über den Winter immer mindestens einen Teil stehen lassen. Kleinstrukturen, die besonnt sein sollen, regelmässig entbuschen (Büsche zurückschneiden oder schnellwachsende ausreissen). Für den Unterhalt Fauna schonende Geräte einsetzen (Messerbalken; keine Mulch-, Saug-, Schlegel- und Kreiselmähgeräte sowie keine Mähaufbereitung). Möglichst viele der Arbeiten von Hand ausführen. Die geeignete Jahreszeit beachten (s. Tabelle). Je nach Artengruppe spielt auch die Tageszeit eine Rolle. Bei den Reptilien sollte man z. B. bei schönem Wetter vor Sonnenaufgang mähen, an kalten bedeckten Tagen tagsüber.

In der Broschüre Erntetechnik und Artenvielfalt in Wiesen (Agridea 2011) sind Empfehlung zur Schonung von Kleintieren enthalten. Das Wichtigste daraus ist im Reptilienartikel zusammengefasst.

Im Jahreskalender der Pflegemassnahmen bei Kleinstrukturen haben wir zusammengestellt, wann Kleinstrukturen neu erstellt und unterhalten werden sollen.

Neu erstellen: Im Jahreskalender ist aufgeführt, wann Kleinstrukturen sinnvollerweise angelegt werden.
Keine Störung: Streuhaufen, Grashaufen, Asthaufen sollten während der Eiablagezeit der Reptilien (ab Juni, wenn die Bedingungen, wie Temperatur und Feuchtigkeit ideal sind) und während der Winterruhe nicht gestört werden. Gute Zeitpunkte für Eingriffe: April/Mai oder Oktober.
Entbuschen:

(von Holz- und Steinstrukturen):

Im Herbst (Oktober), um überwinternde Tiere und Gelege nicht zu stören/gefährden.
Ausmähen: ausmähen von Asthaufen, Steinhaufen, Trockenmauern, Steinkörben, Holzbeigen so selten wie nötig, Fauna schonende Geräte einsetzen (s. oben; Vorsicht Verletzungsgefahr für Tiere)
Rückschnitt von Gehölzen: während der Vegetationsruhe von November bis März (siehe auch Heckenartikel)
Reinigen von Nisthilfen: Nisthilfen für Vögel von November bis März, Nisthilfen für Fledermäuse und Wildbienen brauchen keine Pflege (ausser eine periodische Funktionskontrolle). Der Fledermausschutz ist froh über Meldungen zu Fledermäusen in Nistkästen.
Umschichten von Komposthaufen: nicht im Winter, nicht im Frühling!
Stabilitätskontrolle von Trockenmauern: jederzeit

Die einzelnen Kleinstrukturen

Es gibt reichlich Merkblätter zu Kleinstrukturen, mit unterschiedlicher Gewichtung und Ausführlichkeit. Wir verweisen bei den einzelnen Kleinstrukturen auf die unseres Erachtens wichtigsten (idealerweise auf nur jeweils eines).

Asthaufen

Allgemeine Anforderungen mit Fokus auf Reptilien (Merkblatt der karch):

spezifische Anforderungen für Wiesel:

Asthaufen HWildermuth zg 96 dpi Marco Bertschinger.jpg
Ein aus Restholz aufgeschichteter Asthaufen.
Kleinstruktur Holz HWildermuth zg 96 dpi Marco Bertschinger.jpg
Ein Holzhaufen kann auch aus aufgeschichteten Baumstammscheiben bestehen.

(Ast-)Laubhaufen

PA140717 zg 96 dpi Marco Bertschinger.JPG
Astlaubhaufen für Igel sollten einen stabilen Hohlraum für das Winterquartier enthalten.
PA140748 zg 96 dpi Marco Bertschinger.JPG
Der Hohlraum wird dann mit Laub und dünnen Ästen zugedeckt.

Baumstrunk und Wurzelteller

Vor allem wenn alte Bäume (aus Sicherheitsgründen) gefällt werden (müssen), sollen sie möglichst hoch abgesägt werden, damit ein hoher Strunk verbleibt. Von Stürmen übrigbleibende Strünke sollen nicht zurückgesät werden. Wenn immer möglich sollen Wurzelteller belassen werden und der umgefallene Baum nicht weggeräumt werden.

(Brombeer-)Gestrüpp

Das Brombeergestrüpp ist nicht beliebt, es ist aber sehr wohl ökologisch wertvoll. Die Blüten bieten reichlich Nektar, die bewehrten Ranken den Tieren Schutz vor Räubern (u. a. vor Katzen). Das weiche Mark der Stängel wird von Wildbienen als Nistplatz benutzt. Durch das schnelle Wachstum der Ranken können die Brombeeren aber andere wertvolle Habitate überwuchern. Daher benötigen Brombeeren besondere Beachtung und den entsprechenden Unterhalt (Triebe zurückschneiden oder Stöcke ausgraben). Die Armenische Brombeere (Rubus armeniacus) ist ein invasiver Neophyt, der entfernt werden muss.

Holzbeige

Praxismerkblatt der karch zum Thema Holzbeigen.

P1100701 zg 96 dpi Marco Bertschinger.JPG
Eine schön aufgeschichtete Holzbeige bietet zahlreichen Kleintieren Unterschlupf.
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Wertvoll werden Holzbeigen, wenn sie älter sind und wie hier mit Moos bewachsen sind.

Steinhaufen

Bei den Steinhaufen unterscheidet man zwischen solchen mit Aushub, welche vor allem auch für die Überwinterung von Tieren geeignet sind, bzw. solchen ohne Aushub. Merkblatt der karch:

spezifisch für die Zauneidechse:

Steinhaufen neu AMeyer 004 zg 96 dpi Marco Bertschinger.JPG
Ein Steinhaufen als begleitende Kleinstruktur an einer Hecke.
P1100563 zg 96 dpi Marco Bertschinger.JPG
Steinhaufen können auch auf freiem Feld wertvolle Trittsteinstrukturen sein.

Steinkörbe

Praxismerkblatt der karch zum Thema Steinkörbe.

Steinkoerbe gut AMeyer 007 zg 96 dpi Marco Bertschinger.JPG
Steinkörbe werden oft für die Böschungsbefestigung verwendet.

Steinlinsen

Praxismerkblatt der karch zum Thema Steinlinsen.

Steinlinsen zg 96 dpi Marco Bertschinger.jpg
Eine Steinlinse als Zusatzstruktur in einem Rebberg. Der Hauptkörper ist im Boden eingelassen.

Trockensteinmauern

Einen Einblick in das Thema gibt das Merkblatt von Bird Life Schweiz. Der fachkundige Bau von Trockensteinmauern, die über Jahrzehnte bestehen, verlangt Erfahrung und Wissen, weshalb dieses nicht mit einem Merkblatt vermittelt werden kann. Daher lohnt es sich, Spezialisten beizuziehen und die Teilnahme an einem Trockenmauerbau-Kurs. Sehr empfehlenswert sind die unten aufgeführten Bücher. Materialbezug (aus WWF Schweiz, 2009. Aktionsanleitung Gemeinden - Lebendige Grenzen mit Trockenmauern (Merkblatt)):

  • Steinbruchunternehmen bieten Steine in allen Grössen (Schiefer, Kalkstein oder Sandstein) günstiger an als der Baustoffhandel.
  • Beim Kauf unbedingt darauf achten, dass es sich um regionaltypische Gesteinssorten handelt.
  • Für Mauerfüllungen zusätzlich Kies, Schotter oder Bauschutt beschaffen.

Kursangebot:

Externe Fachleute:

Bücher: Wer selber eine Trockensteinmauer bauen will oder sich vertieft damit befassen will, dem bieten folgende Bücher viele Informationen:

Weitere Informationen:

Trockenmauern alt 018 zg 96 dpi.jpg
Oftmals findet man in Terrassenlandschaften Trockenmauern in mehreren Stufen.
Trockenmauer alt 003 zg 96 dpi Marco Bertschinger.JPG
Die besonnte Seite einer Trockenmauer bietet Reptilien und Kleintiere Möglichkeiten für Unterschlupf und Sonnenplatz zugleich.
Trockenmauer alt 002 zg 96 dpi Marco Bertschinger.JPG
Eine freistehende Trockenmauer ist anspruchsvoller zu bauen als eine Stützmauer.

Kopfweiden

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Alte Kopfweiden entlang eines Wiesengrabens im Frühlingsaustrieb.
  • Wehrli, A., 1999. Kopfweiden: planen, pflanzen, pflegen. Pro Natura; Schweizer Vogelschutz, Basel; Zürich.

Einzelbäume

Bäume werden mit zunehmendem Alter ökologisch wertvoller, sie werden zu Habitat- oder Biotopbäumen mit Astlöchern, Höhlen, Gabelungen, rissiger Borke, etc. Besonders wertvoll sind dicke, strukturreiche, noch stehende, abgestorbene Bäume. Totholz durchläuft verschiedene Stadien der Holzzersetzung: Frisch-, Hart-, Morsch-, Moder-, Mulmholz, S. 4, welches von unterschiedlichen Insekten genutzt wird. Weiden bzw. Weidenholz ist deshalb wertvoll, weil es nicht verkernt. Das Holz bleibt bis ins Innere weich und ist kaum gegen Fäulnis und Insektenfrass geschützt [5]. Für Moose, Flechten und Pilze sind insbesondere alte Bäume wichtig. Moose können z. B. durch die Erhaltung von einzeln stehenden Bergahornen auf Alpweiden gefördert werden und alte Solitärbäume können wertvolle Habitate für sehr lichtbedürftige Flechten sein. Das Pflanzen von Bäumen funktioniert gleich wie von Heckensträuchern. Auf dem Merkblatt von Labiola hat es eine Liste mit sich eignenden Bäumen (Spalte ganz rechts beachten).

Linde 96 dpi.jpg
Einzelbäume, wie hier diese Linde, bilden wichtige Strukturen in der Landschaft.

Sitzstangen

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Sitzstangen werden von Greifvögeln gerne als Sitzwarten benutzt, um nach Beute, wie z.B. Mäusen, Ausschau zu halten.

Ein Merkblatt für die Konstruktion und Montage von Sitzstangen für Greifvögel.

Nisthilfen

Für Vögel:

Für Fledermäuse:

Für Wildbienen:

Streuhaufen, Grashaufen, Komposthaufen, Tristen

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Tristen in der Moorlandschaft als Zeugen einer traditionellen Bewirtschaftung.

Von der karch und vom Kanton Luzern gibt es Merkblätter zu Streuhaufen mit Fokus auf der Förderung der Ringelnatter. Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass ein neugeschaffener Eiablageplatz angenommen wird, wenn in der Nähe bereits ein bekannter Eiablageplatz liegt. Aus dem Kanton Luzern liegen zu Streu- oder Schilfhaufen folgende Erfahrungen vor:

  • Ausschliesslich mit ungehäckseltem Schilf erstellte Haufen sind für Ringelnattern ungünstig. Darin wurden noch nie Ringelnatter-Gelege gefunden. (vgl. Erfahrungen des Naturschutzvereins Deitingen; siehe unten)
  • Geeignet sind Mischhaufen. Sehr günstig scheinen Haufen mit hohem Seggenanteil.
  • Eine Möglichkeit ist die Anlage von Haufen mit gehäckseltem Wiesen-Schnittgut.
  • Sehr geeignet ist das jährliche seitliche Ansetzen der Haufen. Auf diese Weise entstehen für die Ringelnatter gut erreichbare Bereiche mit unterschiedlicher Materialkonsistenz.
  • Die Gelege der Ringelnatter befinden sich meistens am unteren Aussenrand (und nicht mitten in Haufen).
  • Ringelnattern zeigen bei günstigen Haufen eine hohe „Heimtreue“.

Der Naturschutzverein Deitingen legt seit Jahren Schilfhaufen an, die hervorragende Ringelnatter-Brutplätze sind. Wie sie vorgehen, ist im Reptilien-Artikel beschrieben.

In Komposthaufen hat es häufig Blindschleichen, die dort nach Schnecken und Würmern jagen. Komposthaufen werden auch von der Ringelnatter und in den wärmsten Landesteilen auch von anderen Schlangenarten als Eiablageplätze benutzt. Zur Anlage von Tristen gibt es von den Zentralschweizer Kantonen ein Merkblatt zu Tristen. Zur Bedeutung von Tristen als Überwinterungs- und Eiablageort für Tiere gibt es kaum Erfahrungen (wir haben die karch und weitere Herpetologen angefragt). Da sie so angelegt werden, dass sie möglichst trocken bleiben, sind sie zur Bildung von Eiablagesubstrat vermutlich ungünstig. Falls man aber weiss, dass eine Triste wirklich, z. B. von Ringelnattern, genutzt wird, dann soll darauf Rücksicht genommen werden.

Kleinstrukturen, die in anderen Artikeln behandelt werden

Förderung von Kleinstrukturen im Landwirtschaftsgebiet

Im Rahmen der Biodiversitätsbeiträge, gemäss Direktzahlungsverordnung (DZV), sind teilweise auch Kleinstrukturen für die Erfüllung von Qualitäts- und Vernetzungskriterien gefordert. Das Merkblatt «Biodiversitätsfördernde Strukturen in der Landwirtschaft» (Agridea 2017) fasst die Auflagen und Bestimmungen der biodiversitätsfördernden Strukturen, gemäss DZV, zusammen und gibt Tipps für eine ökologisch wertvolle Umsetzung. Das Dokument richtet sich an Landwirte und Landwirtinnen, an Beratungskräfte und weitere interessierte Personen. Im Praxis Handbuch Biodiversitätsmaßnahmen in der Agrarlandschaft wird in verschiedenen Kapiteln auf Kleinstrukturen eingegangen.

Im Agrarbericht 2021 gibt es einen Artikel zu Biodiversitätsfördernden Strukturen basierend auf dem Bericht «Biodiversitätsfördernde Strukturen im Landwirtschaftsgebiet. Bedeutung, Entwicklung und Stossrichtungen für die Förderung».

Förderung von Kleinstrukturen im Siedlungsgebiet

Die meisten der oben aufgelisteten Kleinstrukturen können im Siedlungsgebiet gefördert werden, insbesondere Ast- und Laubhaufen (für den Igel), Bäume, Gebüsche und Hecken, Holzbeigen und Nisthilfen. Wenn genügend Platz zur Verfügung steht auch Kleingewässer und Ruderalflächen. Im Säugetier-Artikel hat es verschiedene Hinweise auf die Bedeutung von Kleinstrukturen, z. B. für die Förderung der Zwergspitzmaus (Sorex minutus) oder des Igels(Erinaceus europaeus). Es hat spezifische Angaben zur Planung, zum Schutz der Sträucher und zur Aufwertung von Hecken im Siedlungsgebiet. Moose und Pilze kann man im Siedlungsgebiet vor allem mit Steinstrukturen und Bäumen fördern.

Förderung von Kleinstrukturen entlang von Gewässern

Strukturen, sowohl im «Grossen» wie im «Kleinen» sind für die Artenvielfalt von Fliessgewässern zentral.

Das Merkblatt «Kleinstrukturen auf Biodiversitätsförderflächen entlang von Fliessgewässern» zeigt auf, mit welchen Kleinstrukturen Uferbereiche als Lebensraum aufgewertet werden können. Es erklärt, wo und wie die Kleinstrukturen angelegt bzw. gefördert werden sollen und welche Tier- und Pflanzenarten von ihnen profitieren. Es richtet sich an Landwirte und Landwirtinnen, welche Biodiversitätsförderflächen (BFF) entlang von Fliessgewässern bewirtschaften, an Beratungskräfte und weitere Interessierte.

Gefährdung

  • Ausräumung der Landschaft
  • Überhöhter Ordnungssinn
  • Intensivierung und Rationalisierung der Landwirtschaft
  • Ästhetische Ansprüche
  • Sukzession und mangelnde Pflege der Strukturen

Praxisbeispiele

Bei den aufgeführten Projekten spielt die Schaffung von Kleinstrukturen eine wichtige Rolle. Es ist eine zufällige Auswahl, die Meldung weiterer Projekte ist sehr willkommen. Zehn Naturschutzvereine haben sich zusammengetan und das Projekt «Natur neben dem Gleis» gestartet. Ziel ist es, die Bahnböschungen entlang der 26 Kilometer langen Bahnlinie Zürich-Altstetten bis Knonau aufzuwerten]. Viele Massnahmen bezwecken ein besseres Angebot an Kleinstrukturen, um damit gezielt die im Fokus stehenden Reptilien zu fördern.

Im Projekt Obstgarten-Farnsberg im Kanton Baselland sind in enger Zusammenarbeit zwischen Landwirten, den lokalen Natur- und Vogelschutzvereinen, dem Landwirtschaftlichen Zentrum Ebenrain und BirdLife Schweiz die Obstgärten und deren Umgebung ökologisch aufgewertet. Dabei wurden u. a. viele Kleinstrukturen angelegt.

BirdLife Schweiz hat seine rund 450 Sektionen und auch weitere interessierte Personen aufgerufen, je eine Idee zu einem Projekt zur Förderung von Natur im Siedlungsraum zu präsentieren. Auf der Webseite von BirdLife Schweiz kann man u. a. nach «Kleinstrukturen» filtern und erhält eine reiche Palette an umgesetzten Massnahmen und viele Ideen für eigene Kreationen.

Literaturempfehlungen und Links

Auf die relevante Literatur und Merkblätter zu Kleinstrukturen ist bei den einzelnen Kapiteln verlinkt.


  1. Konold, 2014: Handbuch Naturschutz und Landschaftspflege, Kap. XIII-7.17, S. 6
  2. Schweizer Vogelschutz SVS/BirdLife Schweiz, 2003: Kleinstrukturen-Praxismerkblatt 5. Kopfweiden, Zürich.
  3. Graf et al., 2016: Biodiversität auf den Landwirtschaftsbetrieb. Ein Handbuch für die Praxis. 1. Auflage. FiBL Forschungsinstitut für biologischen Landbau und Schweizerische Vogelwarte Sempach. Frick/Sempach. S. 137.
  4. Guntern et al. 2013: Flächenbedarf für die Erhaltung der Biodiversität und der Ökosystemleistungen in der Schweiz. Hrsg.: Forum Biodiversität Schweiz, Akademie der Naturwissenschaften (SCNAT), Bern. 234 Seiten.
  5. Wehrli, A. 1999: Kopfweiden. Planen, pflanzen, pflegen. Pro Natura, BirdLife Schweiz/SVS, Basel, Zürich. S.9